Vorsicht bei der richtigen Formulierung von arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln

Sanierungstarifverträge werden ggf. nicht von arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel erfasst.

Arbeitgeber, die Mitglied eines tarifvertragsschließenden Arbeitgeberverbandes sind, möchten häufig alle Arbeitnehmer gleichbehandeln, und zwar unabhängig von einer Mitgliedschaft in der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft. Hierzu werden in die jeweiligen Arbeitsverträge sog. Bezugnahmeklauseln aufgenommen, die auf die jeweiligen Tarifverträge verweisen und diese für anwendbar erklären. Die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens kann jedoch zur Folge haben, dass die tariflichen Leistungen jedenfalls für eine vorübergehende Dauer nicht oder nicht mehr in voller Höhe von dem betreffenden Arbeitgeber geleistet werden können. In diesem Fall schließen Arbeitgeber oder aber der zuständige Arbeitgeberverband für das Unternehmen gemeinsam mit der zuständigen Gewerkschaft einen sog. Sanierungstarifvertrag. Fraglich kann in diesen Fällen sein, ob bestehende arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln auch später abgeschlossene Sanierungstarifverträge umfassen. Falls dies nicht der Fall ist, kann dies gravierende finanzielle Folgen für das Unternehmen haben.

Einen solchen Fall hatte das BAG mit Urteil vom 12.06.2024 – 4 AZR 202/23 – mit (leider) negativem Ausgang für das Unternehmen zu entscheiden. Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der Mitglied der IG Metall ist. Der Arbeitgeber ist u.a. Mitglied bei Metall NRW. Der Arbeitsvertrag sah folgende arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel vor:

„Auf das Arbeitsverhältnis finden im Übrigen die Tarifverträge für die Metall-, Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens, die Arbeitsordnung, deren Inhalt als rechtsverbindlich anerkannt wird, sowie die jeweils gültigen Betriebsvereinbarungen Anwendung.“

Metall NRW schloss sodann für das Unternehmen mit der IG Metall einen „Unternehmensbezogenen Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrag“ (SiTV) ab. Dieser sah einen weitreichenden Verzicht der Arbeitnehmer auf tarifliche Sonderzahlungen vor. Hiergegen wandte sich der Kläger und machte unter Berufung auf seine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel die tariflichen Sonderzahlungen in voller Höhe geltend. Nachdem Arbeitsgericht und LAG die Klage abwiesen, bekam der Kläger vor dem BAG Recht.

Laut BAG handelt es sich bei der vorliegenden Bezugnahmeklausel um eine zeitdynamische Bezugnahme auf die für die Metall- und Elektroindustrie NRW geschlossenen Flächentarifverträge. Der vorliegende unternehmensbezogene Verbandstarifvertrag (SiTV) sei dadurch nicht in Bezug genommen. Enthält ein Arbeitsvertrag eine Bezugnahme auf bestimmte Flächentarifverträge, führe allein der Umstand, dass ein unternehmensbezogener Verbandstarifvertrag von denselben Tarifvertragsparteien vereinbart wurde, nicht dazu, dass auch dieser von der Verweisung erfasst ist. Soll das für den Arbeitgeber jeweils geltende Tarifrecht individualvertraglich zur Anwendung kommen, müssten die Arbeitsvertragsparteien dies in der Bezugnahmeklausel eindeutig zum Ausdruck bringen.

Mitgliedsunternehmen können nähere Informationen und einen Formulierungsvorschlag für eine umfassende arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel dem A-Rundschreiben zum gleichen Thema entnehmen, das im ArbeitgeberNet unter „A-Rundschreiben“ und dort unter „Aktuelles“ gespeichert ist.