Ein Verstoß kann auch zu Entschädigungsansprüchen nach dem AGG führen.
In vielen Tarifverträgen und teilweise auch in Arbeitsverträgen finden sich Bestimmungen über Überstundenzuschläge. Diese sehen häufig vor, dass Teilzeitbeschäftigte nur dann Anspruch auf Überstundenzuschläge haben, wenn ihre Arbeitszeit die für Vollzeitbeschäftigte geltende Arbeitszeit überschreitet.
Auf Vorlage des BAG hat der EuGH eine solche Regelungen nun für unwirksam erklärt. Solche Regelungen können gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten in § 4 Abs. 1 TzBfG verstoßen, wenn die darin liegende Ungleichbehandlung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Eine dieser Entscheidungen des EuGH hat das BAG nun mit Urteil vom 5. Dezember 2024 – 8 AZR 73/20 – umgesetzt.
Der Beklagte ist ein ambulanter Dialyseanbieter mit mehr als 5.000 Arbeitnehmern. Die Klägerin ist bei ihm als Pflegekraft in Teilzeit im Umfang von 40 vH eines Vollzeitbeschäftigten tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ver.di geschlossene Manteltarifvertrag (MTV) Anwendung. Nach einer tarifvertraglichen sind mit einem Zuschlag von 30 vH zuschlagspflichtig Überstunden, die über die monatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden und im jeweiligen Kalendermonat nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden können. Alternativ zu einer Auszahlung des Zuschlags ist eine entsprechende Zeitgutschrift im Arbeitszeitkonto vorgesehen. Das Arbeitszeitkonto der Klägerin wies Ende März 2018 ein Arbeitszeitguthaben von 129 Stunden und 24 Minuten aus. Der Beklagte hat der Klägerin für diese Zeiten weder Überstundenzuschläge gezahlt, noch im Arbeitszeitkonto eine Zeitgutschrift vorgenommen.
Das BAG gab der Klägerin Recht. Auf der Grundlage der Vorgaben des EuGH ging das Gericht davon aus, dass die einschlägige tarifliche Regelung insoweit wegen Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten insoweit unwirksam ist, als sie bei Teilzeitbeschäftigung keine der Teilzeitquote entsprechende anteilige Absenkung der Grenze für die Gewährung von Mehrarbeitszuschlägen vorsieht. Einen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung konnte das BAG nicht erkennen.
Daraus ergaben sich für das Gericht zwei Konsequenzen. Zum einen wurde der Klägerin die eingeklagte zusätzliche Zeitgutschrift zugesprochen. Zum anderen sprach es der Klägerin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu, da die Anwendung der tariflichen Regelung gegenüber der Klägerin eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts darstelle. In der Gruppe der Teilzeitbeschäftigten der Beklagten, die unter den persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages fallen, sind mehr als 90 % Frauen vertreten.
Das Gericht hat die Entschädigung auf 250 € festgesetzt.
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