Erschütterung des Beweiswerts einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Wer einen Segelurlaub trotz Magen-Darm Erkrankung und Armentzündung antritt, kann davor auch arbeiten!    

Wenn Arbeitgeber den Eindruck haben, dass der Arbeitnehmer trotz der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gar nicht an der Arbeit gehindert ist, stellt sich für sie immer wieder die Frage, unter welchen Voraussetzungen sie die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erfolgreich verweigern können.  Das Landesarbeitsgericht Niedersachen hatte sich in seinem Urteil vom 31.05.2024 – 14 Sa 618/23 mit einem weiteren Einzelfall zu beschäftigten.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt nahm der Kläger nach Obsiegen im Kündigungsschutzprozess am Folgetag, dem 24.04.2023, seine Arbeit bei der Beklagten wieder auf.  Mit der am 28.04.2023 fertiggestellten Präsentation über die zukünftigen Tätigkeiten des Klägers war der Geschäftsführer nicht einverstanden. Der Kläger sicherte zu, diese bis 02.05.2023 zu überarbeiten und sprach ebenfalls an, ob er Anfang Juni seinen nach seiner Auffassung bereits genehmigten Segelurlaub antreten könne. Dies lehnte der Geschäftsführer ebenso wie die erneute Einforderung am 09.05.2023 ab. Am 02.05.2023 meldete sich der Kläger krank. Die erste Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bescheinigte eine voraussichtliche Dauer bis zum 16.05.2023 und die zweite dann bis zum 31.05.2023. Zum 31.05.2023 kündigte der Kläger dann das Arbeitsverhältnis außerordentlich und trat seinen Segelurlaub Anfang Juni 2023 an. Der Kläger führte aus, er sei arbeitsunfähig gewesen, weil er an einer mehrere Monate dauernden Belastungssituation mit konstant anhaltender Schlaflosigkeit, Durchfall und Bauchschmerzen sowie einer schmerzhaften Entzündung des linken Armes leide. Das Landesarbeitsgericht gab der Berufung der Beklagten statt. Es sah den Beweiswert der beiden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen als erschüttert an. Hierbei sei u. a. eine Gesamtbetrachtung der Geschehnisse vor der Arbeitsunfähigkeit, ihr Zeitraum und die anschließende Aktivität des Klägers zu berücksichtigen. Wer trotz Durchfalls, Bauchschmerzen und entzündetem linken Arm segeln könne, setze sich dem begründeten Verdacht aus, dass die Krankheiten entweder nicht vorhanden oder jedenfalls nicht ausreichend geeignet waren, die Arbeitsunfähigkeit herbeizuführen. Mitgliedsunternehmen können nähere Informationen dem A-Rundschreiben zum gleichen Thema entnehmen, das im ArbeitgeberNet unter „A-Rundschreiben“ und dort unter „Aktuelles“ gespeichert ist.