Beweiswert eines ärztlichen Attests                         

Darlegungs- und Beweislast bei „einheitlichem Verhinderungsfall“.

Das LAG Sachsen hatte in einer Entscheidung vom 20.09.2024 – 4 Sa 241/22 – folgenden Sachverhalt zu beurteilen: Der Arbeitnehmer reichte zunächst für den Zeitraum vom 24.2. bis zum 31.3.2021 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein. Ausweislich ergänzend vorgelegter Bescheinigungen des Krankenhauses befand er sich vom 26.2. bis zum 28.5.2021 (Freitag) in (teil)stationärer Unterbringung. Anschließend reichte er eine neue Erstbescheinigung über das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit mit anderem Diagnoseschlüssel für den Zeitraum ab dem 31.5.2021 ein. Der Arbeitgeber verweigerte die Entgeltfortzahlung ab dem 31.5.2021. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen den bescheinigten Arbeitsverhinderungen indiziere einen einheitlichen Verhinderungsfall.

Laut LAG Sachsen sei zwar der Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem 31.5.2021 erschüttert, da zwischen dem Ende der bis zum 28.5.2021 andauernden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und der am 31.5.2021 attestierten neuerlichen Arbeitsverhinderung lediglich ein arbeitsfreies Wochenende gelegen habe. Dem Arbeitnehmer sei jedoch der ihm nunmehr obliegende Vollbeweis für den Ausschluss eines einheitlichen Verhinderungsfalls gelungen. Zum einen belege der vorgelegte Entlassungsbericht des Krankenhauses, dass der Kläger am 28.5.2021 arbeitsfähig aus der Behandlung einer Alkoholsuchterkrankung entlassen worden ist. Zum anderen habe der Arbeitnehmer konkret geschildert, dass er am 30.5.2021 beim Ausräumen des Kühlschranks einen plötzlichen Schmerz und eine Blockade im Rücken verspürt habe, weswegen er am 31.5.2021 seine Ärztin aufgesucht und erneut krankgeschrieben worden sei. Im Rahmen der Zeugenvernehmung habe die von der Schweigepflicht entbundene behandelnde Ärztin den Vortrag des Arbeitnehmers sowie einen im Nachgang diagnostizierten leichten Bandscheibenvorfall bestätigt.

Die Entscheidung des LAG Sachsen verdeutlicht, dass es bei gelungener Erschütterung des Beweiswerts einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entscheidend auf den Sachvortrag des Arbeitnehmers und eine entsprechende Zeugenvernehmung der behandelnden Ärzte ankommt. Der Ausgang entsprechender Gerichtsprozesse ist daher im Vorhinein kaum prognostizierbar.