Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Dauer der Kündigungsfrist

Es kommt nicht darauf an, ob die Kündigung zum Zeitpunkt der Krankschreibung zugegangen ist.

Fällt eine bescheinigte Arbeitsunfähigkeit genau in den Lauf der Kündigungsfrist, stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage, ob dies nicht Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit rechtfertigt. Nachdem das Bundesarbeitsgericht seit 2021 grundsätzlich ein zeitliches Zusammenfallen von Kündigungsfrist und Arbeitsunfähigkeit zum Anlass nimmt, von einer Erschütterung des Beweiswertes auszugehen, sind zahlreiche einzelne Aspekte Gegenstand der Rechtsprechung.

Über eine weitere Variante zu diesem Problemkreis hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 21.08.2024 – 5 AZR 248/23 – entschieden. Hier hatte der Arbeitnehmer am 04.05.2022 eine Kündigung erstellt und diese am 11.05.2022 an den Arbeitgeber übergeben. Die Kündigung erfolgte zum 15.06.2022 und mit dem Kündigungsschreiben verlangte der Arbeitnehmer auch seinen Resturlaub vom 01. bis zum 15.06.2022. bereits vor Übergabe der Kündigung ließ sich der Arbeitnehmer ab dem 05.05.2022 insgesamt fünf von demselben Arzt ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis zum Ende der Kündigungsfrist krankschreiben. Das BAG stellte fest, dass der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei erschüttert, da aufgrund der dargelegten Umstände Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers bestehen. Durch die zeitliche Koinzidenz der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit und der Kündigungsfrist sei der Beweiswert erschüttert. Das Kündigungsschreiben war unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit verfasst worden und die angebliche Arbeitsunfähigkeit hatte bis zum Ablauf der Kündigungsfrist angedauert.

Wenn zwischen Kenntnis einer Kündigung und der Kündigungsfrist Deckungsgleichheit besteht, so ist dies auffallend und ungewöhnlich und im Regelfall geeignet, den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dieser Zeitraum durch eine oder mehrere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen abgedeckt wird, auf eine oder mehreren verschiedenen Diagnosen beruht oder die Kündigung zu diesem Zeitpunkt bereits zugegangen ist.

Mitgliedsunternehmen können nähere Informationen dem A-Rundschreiben zum gleichen Thema entnehmen, das im ArbeitgeberNet unter „A-Rundschreiben“ und dort unter „Aktuelles“ gespeichert ist.