BAG äußert sich zur Auslegung einer nicht eindeutigen Bezugnahmeklausel.
Gegenstand des Verfahrens des BAG vom 04.12.2024 – 10 AZR 185/20 – sind Zuschläge für geleistete Überstunden des Klägers. Der Kläger ist bei der Beklagten als Pilot mit einem Arbeitszeitumfang von 90 % beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag nahm die Tarifverträge der Lufthansa Cityline dynamisch in Bezug. Zu diesen zählt der mit der Vereinigung Cockpit abgeschlossene VTV Cockpit. Dieser Tarifvertrag sieht Zuschläge für Mehrflugdienststunden erst dann vor, wenn eine bestimmte absolute Zahl von Flugdienststunden („Auslösegrenze)“ geleistet wurde. Abweichende Regelungen für Teilzeitbeschäftigte finden sich dort nicht. Die Auslösegrenze sollte durch die arbeitsvertragliche Bezugnahme ausdrücklich unverändert bleiben. Die Beklagte zahlte dem Kläger Zuschläge für Mehrflugdienststunden erst nachdem dieser die auf einen Vollzeitarbeitnehmer bezogene Auslösegrenze überschritt. Der Kläger begehrt die Zahlung von Zuschlägen für Mehrflugdienststunden bereits ab dem Überschreiten seiner individuellen Teilzeitarbeitszeit.
Das BAG stellte fest, dass schon nicht konkret festgestellt sei, welche Tarifverträge in welcher Fassung auf das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme Anwendung finden und verwies den Rechtsstreit zurück an das LAG. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme lege den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht eindeutig fest. Ihre Auslegung ergebe, dass die Tarifverträge gelten sollen, an die die Beklagte normativ gebunden sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Bezugnahmeklausel auf das Tarifwerk einer bestimmten Gewerkschaft gerichtet sei, bestünden jedoch nicht. Zwar sei die Beklagte normativ an mit verschiedenen Gewerkschaften abgeschlossen Tarifverträge gebunden. Dies führe jedoch nicht von vornherein zur Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Die Objekte der Bezugnahme seien dennoch bestimmbar. Soweit ein inhaltlicher Konflikt durch sich widersprechende Regelungen in verschiedenen in Bezug genommenen Tarifverträgen entstehe, sei die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel teilunwirksam. Dies führe zum Wegfall der Dynamik. In diesem Fall seien auf das Arbeitsverhältnis die zuletzt einheitlich vereinbarten tarifvertraglichen Regelungen statisch anwendbar.
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