Es ist ein Sachgruppenvergleich vorzunehmen.
Die Frage nach der günstigeren Regelung bei dem Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht, wenn verschiedene Regelungen nebeneinander anwendbar sind, ist in der Praxis oft nicht leicht zu beantworten.
Damit befasste sich das BAG in seiner Entscheidung (Urteil vom 28.01.2025, 9 AZR 66/24). Es ging um den Verfall von tariflichem Mehrurlaub. Nach dem anwendbaren Tarifvertrag verfällt der tarifliche Mehrurlaub aus dem Vorjahr mit Ablauf des 30.09. des Folgejahres. Nach einem Arbeitsunfall im Mai 2022 war der Kläger bis zum 30.11.2022 arbeitsunfähig. Die Beklagte berief sich auf den Verfall, des tariflichen Mehrurlaubs aus dem Vorjahr 2021 zum 30.09.2022.
Das BAG gab in seiner Zurückweisungs-Entscheidung an das LAG vor, dass bei dem Zusammentreffen von Regelungen, die aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme gelten und dem normativ geltenden Flächentarifvertrag das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG Anwendung findet. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertag enthält, ergibt sich aus einem Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung. Bei diesem sog. Günstigkeitsvergleich sind die Teilkomplexe der unterschiedlichen Regelungen gegenüberzustellen, die in einem inneren Zusammenhang stehen (sog. Sachgruppenvergleich). Dafür sind die abstrakten Regelungen maßgebend, nicht das Ergebnis ihrer Anwendung im konkreten Einzelfall. Hängt es von den Umständen bei dem Vergleich der abstrakten Regelungen davon ab, ob die betreffende Regelung günstiger ist oder nicht (sog. ambivalente Regelung), liegt keine „Günstigkeit“ i. S. v § 4 Abs. 3 TVG vor. In dem zu beurteilenden Fall traf der Tarifvertrag keine eigenständige Regelung zu den Aufforderungs- und Hinweispflichten, die der Arbeitgeber bei der Gewährung von Urlaub nach Maßgabe des BUrlG zu beachten hat. Der Arbeitgeber musste deshalb seine Aufforderungs- und Hinweispflichten rechtzeitig vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erfüllen, um den streitigen Resturlaub zum 30.09.2022 zu befristen. Dies war im vorliegenden Fall erfolgt und der Urlaub konnte trotz Arbeitsunfähigkeit mit Ablauf 30.09.2022 verfallen.
Mitgliedsunternehmen können nähere Informationen dem A-Rundschreiben zum gleichen Thema entnehmen, das im ArbeitgeberNet unter „A-Rundschreiben“ und dort unter „Aktuelles“ gespeichert ist.