Möglicher Rechtsmissbrauch bei einem Teilzeitverlangen

Eine Entscheidung erschwert es Arbeitgebern außerordentlich, Teilzeitwünschen begründet entgegenzutreten.

Arbeitgeber sind vor allen Dingen vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels bestrebt, dass Arbeitnehmer, die sie für eine Tätigkeit in Vollzeit eingestellt haben, dieses Arbeitszeitvolumen beibehalten. Allerdings ermöglichen Gesetze Arbeitnehmern, dieses Arbeitszeitvolumen zu verringern. Nach § 8 Abs. 1 TzBfG können Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, verlangen, dass ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit reduziert wird.

Nach § 8 Abs 4 Satz 1 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt gemäß § 8 Abs 4 Satz 2 TzBfG insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genügt es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare, hinreichend gewichtige Gründe hat, der Verringerung der Arbeitszeit nicht zuzustimmen.

Fraglich ist häufig, ob im konkreten Fall ein derartiger entgegenstehender betrieblicher Grund zugunsten des Arbeitgebers vorhanden ist. Eine neue Entscheidung des LAG Hessen vom 06.03.2023 – 17 Sa 833/22 – zeigt auf, welche hohen Hürden für Arbeitgeber insoweit zu überwinden sind.

Der Arbeitnehmer hatte die Verringerung und Neuverteilung seiner Arbeitszeit auf 88,76 Prozent durch Freistellung jeweils vom 1. Juli bis ein 31. Juli und vom 23. Dezember bis 1. Januar verlangt.

Der Umstand, dass die vom Arbeitnehmer begehrte Teilzeit keines der arbeitgeberseits angebotenen Teilzeitmodellen entspricht, sondern dass er eine monatsreduzierte Teilzeit mit zeitlich fixierten Tagen in den Monatsübergängen begehrt, die jedenfalls teilweise in den arbeitgeberseits bestimmten Sperrzeiträumen liegt, soll einem Teilzeitverlangen nicht entgegenstehen.

Auch soll es nicht generell auf einen Rechtsmissbrauch durch den Arbeitnehmer hindeuten, wenn dieser verlangt, seine Arbeitszeit nur geringfügig zu verringern. Anderenfalls würde nach Ansicht des Gerichts das Ziel des Gesetzgebers unterlaufen, der die Ansprüche aus § 8 Abs 1 und Abs 4 Satz 1 TzBfG nicht an ein bestimmtes Restarbeitszeitvolumen gebunden hat. Liegen allerdings im Einzelfall besondere Umstände vor, die darauf schließen lassen, der Arbeitnehmer wolle die ihm gemäß § 8 TzBfG zustehenden Rechte zweckwidrig dazu nutzen, unter Inkaufnahme einer unwesentlichen Verringerung der Arbeitszeit und der Arbeitsvergütung eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit zu erreichen, auf die er ohne die Arbeitszeitreduzierung keinen Anspruch hätte, kann dies die Annahme eines gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlichen Verringerungsverlangens rechtfertigen.

Es sollen allerdings nicht bereits dann Indizien für ein solches rechtsmissbräuchliches Handeln bestehen, wenn der Arbeitnehmer seine Beweggründe für die von ihm begehrte Teilzeit nicht von vornherein darlegt. Da der Teilzeitantrag auf den unterschiedlichsten Motivationen basieren kann, ist auch die Darlegung der Gründe für die Teilzeit gegenüber dem Arbeitgeber nicht erforderlich. Damit einhergehend bestehen nicht bereits dann Indizien für ein rechtsmissbräuchliches Handeln des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitnehmer über seine Beweggründe schweigt.

Mitgliedsunternehmen können nähere Informationen dem A-Rundschreiben zum gleichen Thema entnehmen, das im ArbeitgeberNet unter „A-Rundschreiben“ und dort unter „Aktuelles“ gespeichert und nach Veröffentlichung in unserem monatlichen Gesamtrundschreiben enthalten ist.