Der Arbeitgeber muss für einen Verfall des Urlaubs auch insoweit nachweislich zur Urlaubsnahme aufgefordert und auf den drohenden Verfall hingewiesen haben.
Arbeitgeber sind daran interessiert, bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht erheblichen Urlaubsabgeltungsansprüchen ausgesetzt zu sein, wenn Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch hin durch Eigenkündigung beenden.
Im öffentlichen Dienst Italiens existieren insoweit Vorschriften, die zugunsten der Eindämmung öffentlicher Ausgaben sowie wegen organisatorischer Erfordernisse des öffentlichen Arbeitgebers das Verbot vorsehen, dem Arbeitnehmer eine finanzielle Vergütung für sowohl im letzten Jahr der Beschäftigung als auch in den Vorjahren erworbenen, zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch beendet.
Der EuGH hält diese Vorschriften aufgrund eines Urteils vom 18.01.2024 – C-218/22 – jedoch grundsätzlich für nicht vereinbar mit europäischem Recht. Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG stelle keine andere Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs auf finanzielle Vergütung auf als die, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer nicht den gesamten Urlaub genommen hat, auf den er zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch hatte. Dieser Anspruch ergebe sich unmittelbar aus der Richtlinie und könne nicht von anderen Voraussetzungen als den in ihr ausdrücklich vorgesehenen abhängen.
Habe der Arbeitnehmer seinen bezahlten Jahresurlaub hingegen aus freien Stücken und in voller Kenntnis der sich daraus ergebenden Konsequenzen nicht genommen, nachdem er in die Lage versetzt worden war, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen, stehe das europäische Recht dem Verlust dieses Anspruchs und – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – auch dem entsprechenden Wegfall einer finanziellen Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub nicht entgegen, ohne dass der Arbeitgeber verpflichtet wäre, den Arbeitnehmer dazu zu zwingen, diesen Anspruch tatsächlich wahrzunehmen.
Der EuGH betont in seinem Urteil daher noch einmal die auch für das deutsche Recht hohe Relevanz der sog. Hinweisobliegenheit des Arbeitgebers. Dieser habe die Arbeitnehmer aktiv zur Urlaubsnahme aufzufordern und auf den ansonsten drohenden Verfall hinzuweisen. Ansonsten könne ein Verfall des Urlaubs nicht eintreten.
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