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Aktuelles aus dem Arbeits- und Sozialrecht
Die Manipulation eines Kassenvorgangs zum Zweck, sich selbst auf Kosten des Arbeitgebers zu bereichern, ist nach einer neuen Entscheidung des BAG vom 27.9.2022 – 2 AZR 508/21 – “an sich” geeignet, einen wichtigen Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden. Verschafft sich ein Arbeitnehmer vorsätzlich auf Kosten des Arbeitgebers einen ihm nicht zustehenden Vermögensvorteil, verletzt er erheblich seine Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs 2 BGB). So liegt es auch, wenn ein Arbeitnehmer Waren bewusst ohne Bonierung verkauft. Bereits mit der fehlenden Erfassung der vereinnahmten Beträge im Kassensystem wird das Vermögen des Arbeitgebers gefährdet und das Vertrauen in die Redlichkeit des Mitarbeiters erschüttert. Das gilt unabhängig von der Höhe eines dem Arbeitgeber durch die Pflichtverletzung entstandenen Schadens. Maßgebend ist vielmehr der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch.
Ein Arbeitgeber kann nach einem Urteil des BAG vom 30.11.2022 – 5 AZR 336/21 – aufgrund seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts einen Arbeitnehmer anweisen, an einem Arbeitsort des Unternehmens im Ausland zu arbeiten, wenn nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen nach schlüssig etwas anderes vereinbart worden ist. Allerdings unterliegt die Ausübung des Weisungsrechts im Einzelfall einer Billigkeitskontrolle.
Leistungsbezieher, die in Frankreich wohnen, müssen deutsches Kurzarbeitergeld nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich in Frankreich versteuern. Im Falle einer steuerlichen Freistellung als Grenzgänger besteht keine Steuerpflicht in Deutschland und deshalb liegt keine Lohnsteuerklasse als Lohnsteuerabzugsmerkmal für die Bemessung des Kurzarbeitergeldes vor. Die Bundesagentur für Arbeit hält hierzu aktuelles Informationsmaterial bereit.
Mit der Verordnung über den erweiterten Zugang zum Kurzarbeitergeld werden folgende Sonderregelungen bis zum 30.06.2023 verlängert:
- Das Mindestquorum der vom Arbeitsausfall mit Entgeltausfall betroffenen Beschäftigten bleibt auf 10 % abgesenkt (regulär mindestens 1/3).
- Es gilt weiterhin der Verzicht auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld.
- Der Zugang der Zeitarbeit zur Kurzarbeit bleibt geöffnet.
Ab dem 01.01.2023 können Arbeitgeber – unabhängig von ihrer Größe oder Branche – folgende Bescheinigungen grundsätzlich nur noch digital an die Bundesagentur für Arbeit übermitteln:
- Arbeitsbescheinigung (§ 312 SGB III),
- EU-Arbeitsbescheinigung (§ 312a SGB III),
- Nebeneinkommensbescheinigung (§ 313 SGB III).
Im Dezember haben sich die zum ersten Mal in der laufenden Legislaturperiode die Partner des Ausbildungskonsenses Nordrhein-Westfalen getroffen. Neben einer Aussprache zur aktuellen Situation auf dem Ausbildungsmarkt wurden auch verschiedenen Zielgruppen in den Blick genommen. Verabredet wurde abschließend, einen Vorschlag für eine bessere Ausgestaltung des Übergangssystems zu erarbeiten sowie für eine Verbesserung von „Kein Abschluss ohne Anschluss (KAoA)“.
Seit dem 01.10.2022 liegt der Übergangsbereich (Midijob) zwischen 520,01 Euro und 1.600,00 Euro. Ab dem 01.01.2023 wird die Obergrenze für den Midijob erneut gesteigert und auf 2.000,00 Euro im Monat angehoben.
Der Pensions-Sicherungs-Verein VVaG (PSVaG) hat am 16.11.2022 den Beitragssatz für das Jahr 2022 auf 1,8 Promille der Bemessungsgrundlage festgelegt (Vorjahr: 0,6 Promille). Damit liegt der Beitragssatz zwar deutlich über dem Vorjahreswert, aber unter dem langjährigen Mittel (2,7 Promille). Die Anzahl der vom PSV gesicherten Schäden sowie das zugehörige Schadenvolumen bewegten sich zwar etwa auf dem Vorjahresniveau, aufgrund des schwierigen Kapitalmarktumfeldes sowie geringerer entlastender Effekte war der Beitragssatz jedoch entsprechend anzupassen. Die Mitteilung über die Festlegung des Beitragssatzes für 2022 erfolgt mit dem Jahresbescheid, der demnächst an die Mitgliedsunternehmen des PSV versandt wird.
Ein Arbeitgeber, der die gesetzliche Möglichkeit nutzen will, den Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers in Elternzeit zu kürzen, muss nach einem Urteil des BAG vom 05.07.2022 – 9 AZR 341/21 – nachweisbar gegenüber dem Arbeitnehmer eine Erklärung abgeben, nach der er von der Kürzungsmöglichkeit Gebrauch macht.
Eine Bestimmung in der Arbeitsordnung eines Unternehmens, die es Arbeitnehmern verbietet, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen durch Worte, Kleidung oder auf andere Weise zum Ausdruck zu bringen, kann nach Auffassung des EuGH in einem Urteil vom 13.10.2022 – C-344/20 – keine unmittelbare Diskriminierung darstellen, wenn diese Bestimmung allgemein und unterschiedslos angewandt wird. Eine mittelbare Benachteiligung kann unter Umständen durch eine Neutralitätspolitik des Unternehmens gerechtfertigt sein.
Begeht ein Arbeitnehmer nach Erhalt einer Abmahnung weitere Pflichtverletzungen, die mit der abgemahnten Pflichtverletzung zumindest gleichartig sind, wird nach einem Urteil des LAG Düsseldorf vom 08.11.2022 – 8 Sa 243/22 rk., die Abmahnung unwirksam, wenn der Arbeitgeber nicht zu einer weiteren Sanktion greift.
Aktuelles aus der Sozial- und Tarifpolitik, Verschiedenes
Viele Unternehmen, gerade im Mittelstand, blicken mit Sorge in die Zukunft. Sie befürchten, u. a. gegenüber China, den USA und den disruptiven Start-Ups zurückzufallen. Pero Mićić erläutert in seinem Buch „Bright Future Business“ seinen Masterplan für Zukunftssicherheit. Das Werk, dass 32.- € kostet, kann über den Buchhandel oder unmittelbar über den Verlag GABAL bezogen werden.
Für Toilettenräume hat der Arbeitgeber durch eine Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, ob der Bedarf für warmes Wasser besteht. An Wasch- und Duschplätzen ist warmes Wasser bereitzustellen.
Bis zum 30. September 2022 haben die Arbeitgeber insgesamt 545.960 Ausbildungsstellen gemeldet. Das ist ein Zuwachs von 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Der Gemeinsame Bundesausschusses (G-BA) hat am 17. November 2022 die Verlängerung der Sonderregelung zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit aufgrund von leichten Erkrankungen der oberen Atemwege bis zum 31. März 2023 beschlossen.
Die Unternehmen in der Metallindustrie erhalten durch einen 24-monatigen Abschluss Planungssicherheit. Nach 8 Nullmonaten erhalten die Beschäftigen zum 01.06.2023 5,2 % Tabellenerhöhung und zum 01.05.2024 3,3 %. Zugleich erhalten die Beschäftigten die Inflationsausgleichsprämie von 3.000 €. Der Tarifvertrag enthält zahlreiche Flexibilisierungselemente, wie auf die jeweilige betriebliche Situation reagiert werden kann. So ist der Tarifvertrag auch bei schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen noch verkraftbar.